Richtig Rasieren, so geht’s
Aus dem Buch ›Alles, was ein Mann tun muss‹
(fi) Dass Frauen ihre Zeit problemlos vor dem Badezimmerspiegel totschlagen können, wissen wir. Die Meditation und Ruhe, in die sie fast automatisch beim Kämmen und Augenbrauenzupfen verfallen, ist bewundernswert. Wir Männer sollten uns manchmal von dieser Muße eine Scheibe abschneiden: beim Rasieren nämlich.Nichts ist schlimmer als eine hektische Rasur. Und nichts ist schlechter für die männliche Gesichtshaut. Denn die feinen Mikroverletzungen, die wir der Haut mit hektischer Hand zufügen, lassen sie schneller altern und austrocknen. Nun sagt man aber doch, dass Männer zur Schönheit hin reifen und mit dem Alter oft besser aussehen. Das stimmt. Aber es reicht doch, wenn Sie mit 80 wie 60 aussehen, oder? Also: Tempo raus beim Rasieren. In der Ruhe liegt die Kraft.
Nass oder trocken rasieren ist für den echten Kerl keine Frage. Die Trockenrasur ist allenfalls eine Notlösung für Astronauten oder Wüstenfahrer. Eine vernünftige Rasur ist eine Nassrasur. Sie ist gründlicher und schonender, und außerdem hat es mehr Stil. Dadurch, dass bei der Nassrasur die feuchten Stoppeln aus der gut vorbereiteten, entspannten Haut leicht hervortreten, werden sie von der Klinge sogar noch ein Stück unterhalb von Normal-Null abgeschnitten. Später treten sie in ihre Haarkanäle zurück. Das Ergebnis ist superglatte Haut und eine Rasur, die eine Weile vorhält. Mit einem Elektrorasierer ist es oft so, als würden Sie versuchen, mit einer Kreissäge eine Wiese zu mähen. Das geht irgendwie auch, allerdings werden die Haare hier mehr brachial abgehackt, als sauber geschnitten.
Faustregel: Selbst mit einem über 100 Jahre alten ›Rasierhobel‹ (Das ist der erste von King Camp Gillette 1904 patentierte Systemrasierer, der mit den ›richtigen‹ Rasierklingen) können Sie mit guter Technik und ein wenig Vorbereitung bessere Ergebnisse erzielen als mit einer Kettensäge.
Richtiges Rasieren geht so:
Vorbereitung: Sie sollten sich nach dem Duschen oder Baden rasieren, also wenn die Haut noch entspannt und die Bartstoppeln noch feucht sind. Das gleiche Ergebnis können Sie auch erreichen, wenn Sie das Gesicht vor dem Rasieren einige Minuten in ein warmes, feuchtes Tuch drücken. Die Haut wird besser durchblutet, die Poren weiten sich, und die Stoppeln treten etwas hervor.
Einseifen: Der übliche Rasierschaum aus der Sprühdose ist nur zweite Wahl. Zum Einschäumen sollten Sie ›echte‹ Rasierseife verwenden. Benutzen Sie dazu ein kleines Porzellanschälchen, das Sie zuvor mit heißem Wasser angewärmt haben. Geben auf den Grund der Schale etwas Rasierseife oder Paste, geben etwas Wasser dazu und schlagen den Schaum mit dem Pinsel auf, so etwa wie man Sahne schlägt. Die Konsistenz des Schaums können Sie mit mehr oder weniger Wasser anpassen. – Manche Männer bevorzugen es auch, den Rasierschaum in der hohlen Hand aufzuschlagen. Mit ein wenig Übung geht das genauso gut.
Der Pinsel: Nur ein Dachshaarpinsel ist ein echter Rasierpinsel. Aus irgendeinem noch unerforschten Grund hat nur das Dachshaar die Fähigkeit, den Schaum richtig an unsere Bartstoppeln zu bringen. Lassen Sie sich nicht von billigen Pinsel-Imitaten täuschen. Es kommt auch nicht darauf an, aus welch edlem Holz das Griffstück ist, oder ob der Pinsel mit sonstigem Schnickschnack verziert ist. Nur aufs Dachshaar kommt es an. – Tunken Sie den Pinsel in den Schaum und seifen Sie Ihr Gesicht schön ruhig und gleichmäßig ein.
Rasier-Werkzeug: Die modernen Multi-Schwingkopf-Rasierer mit bis zu fünf Klingen (von Gillette oder Wilkinson) sind wirklich feine Geräte, die eine erstklassige Rasur ermöglichen. Aber, wie gesagt, auch mit einem Einfach-Modell können Sie fast ebenso gute Ergebnisse erzielen. Ein Spruch beim Rasieren: Vorbereitung und Technik sind auch durch gutes Rasier-Werkzeug nicht zu ersetzen.
Wieder im Kommen ist das fast vergessene Rasiermesser. Damit können Sie mit einiger Übung die traditionelle Rasur perfektionieren. Die Messer-Rasur braucht aber noch mehr Zeit und Sorgfalt. Behalten Sie sich das deshalb vielleicht als Highlight fürs Wochenende vor. Und: Falls es in Ihrer Beziehung schon mal zu dramatischen Ausbrüchen und Eifersuchtsanfällen kommt – bewahren Sie das Rasiermesser lieber an einem sicheren Ort auf.
Rasiertechnik: Rasieren Sie immer gegen die Wuchsrichtung des Haares, also meistens zum Kinn hin, und straffen Sie dabei gleichzeitig mit der anderen Hand die Haut ein wenig in die Gegenrichtung. Machen Sie nicht zu lange Züge und halten Sie die Klinge in kurzen Abständen immer wieder unter fließendes kaltes Wasser, um die Haarreste abzuspülen. Hier nochmal der entscheidende Punkt: Nehmen Sie sich für den eigentlichen Vorgang des Rasierens Zeit. Seien Sie nicht ungeduldig, wollen Sie nicht zuviel auf einmal, malträtieren Sie Ihre Haut nicht aus Ungeduld.
Pflege: Nach dem Rasieren entfernen Sie den Restschaum und drücken Sie Ihr Gesicht nochmal für einige Sekunden in ein warmes feuchtes Tuch. Danach können Sie die Haut mit kaltem Wasser aus der hohlen Hand abschrecken und trocknen. Wenn Sie dafür Zeit haben und nicht sofort das Haus verlassen, empfiehlt es sich, nach dem Rasieren statt eines Rasierwassers eine Creme aufzutragen. Zum Beispiel »Cold Cream«, die schon von unseren Großvätern geschätzt wurde.
Nun ist das stilvolle Rasieren sicher kein Wochenend-füllendes Abenteuer, und solche will ich Ihnen in diesem Buch ja nahe bringen. Wenn Sie aber zu denen gehören, die sich bislang nur trocken den Bart abhobelten, kann es schon eine Aufgabe sein, die Sie einige Zeit in Anspruch nimmt: Gehen Sie am Samstag erstmal einkaufen, besorgen Sie sich einen guten Pinsel, Rasiercreme und ein Schneidwerkzeug. Und dann gehen Sie den Sonntag mit einer Nassrasur an. Ein neues Leben beginnt.
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