Über die Zusammensetzung politischer Talkshows im TV
(fi) Die Zusammensetzung politischer Talkshows ist nie perfekt. Irgendeine Meinung kommt immer zu kurz, das war schon immer so.
Aber früher, als die meisten Menschen eine der großen Parteien wählten, hat es wenigstens halbwegs funktioniert. Meist war eine Meinung dabei, die vernünftig schien, der man sich als Zuseher anschließen konnte.
Inzwischen läuft in diesem Fernseh-Theater allabendlich nur noch das Genre der Farce, der Verzerrung der Wirklichkeit ins Groteske. Vertreter von vier Parteien sind zugegen, die sich einerseits in wesentlichen Punkten einig sind, andererseits im Kleinkrieg hämisch beharken. Dazu ein Wissenschaftler oder Journalist, und: Der Alibi-Mensch.
Wissenschaftler und politische Journalisten sind für uns Zuseher unsichere Kantonisten – meist orientieren sie sich in ein politisches Lager und sind insofern wenig hilfreich: Da hätte man auch gleich noch einen fünften Politiker einladen können.
Interessant ist der Alibi-Mensch: Er soll das wahre Leben abbilden, die echten Probleme schildern.
Man hört ihm gerne zu, man versteht ihn – aber er wird schnell wieder weggeputzt, die Politiker sind flinker und redegewandter. Der Alibi-Mensch wirkt nach einer Weile verstört, er kommt sich vor, als werde er nicht ernstgenommen. Er resigniert und sagt kaum noch etwas.
Genau das ist der Zustand, und er macht für jeden Zuseher die politische Talkshow zur Qual. Wir fühlen uns genauso weggeputzt, genauso wenig ernst genommen, genauso verachtet, wie der Alibi-Mensch.
Es ist keine große Überraschung, dass das Ganze ziemlich präzise den Zustand unseres politischen Systems spiegelt: Die wahren Fronten verlaufen nicht mehr zwischen den Parteien, sondern zwischen der herrschenden politischen ›Eliten‹ (lach) einerseits und dem normalen Volk andererseits.
Warum eigentlich schlaue Moderatoren wie Plasberg diese Farce nicht beenden, ist ein Rätsel. Sie erkennen es nicht, oder sie dürfen es nicht erkennen, was da schiefläuft – schließlich sind auch die Sender vom Parteienproporz durchsetzt.
Ein paar Beispiele, um es anschaulich zu machen:
• Mit dem Euro geht es uns besser: Vier Politiker sind sich einig, der Alibi-Mensch ist diametral anderer Meinung.
• Der Euro muss um jeden Preis gerettet werden: Dreieinhalb Politiker sind sich einig, einer zweifelt ein wenig, aber der Alibi-Mensch hat schon längst eine gaaanz andere Meinung
• Der Bundespräsident sollte vom Volk gewählt werden: Ja! sagt der Alibi-Mensch. Fünf Parteienvertreter unisono: Auf keinen Fall!
• Und es ist keine große Leistung, dieses Thema zu prophezeien: Herr Wulff sollte seinen ›Ehrensold‹ nicht bekommen: Doch, doch, auf jeden Fall! perpetuieren die Parteienvertreter einstimmig. Der Alibi-Mensch versteht die Welt nicht mehr.
Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen.
Es wird Zeit, dass die Fernsehmacher die Zeichen der Zeit erkennen, und ein angemessenes neues Format für eine politische Talkshow schaffen. Meinetwegen: Drei Politiker auf der einen Seite (die politische Farbe ist austauschbar), drei selbstbewusste echte Menschen auf der anderen (aber bitte keine Verbandsvertreter, Gewerkschafter, Firmenbosse oder andere Lobbyisten, sondern einfach Menschen, die von den Auswirkungen der Politik betroffen sind.)
Dann könnte man vielleicht wieder mit etwas Spannung zusehen.
P.S. Heute abend, 6. März 2012, Thema bei Maischberger: »Ehrensold für Wulff, Millionen für Chefs«
Gäste: Drei Politiker, zwei Verbandsvertreter. Der Alibi-Mensch ist diesmal Jennifer Cook (Köchin aus Berlin).
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