Ordensträger Zumwinkel wartet auf seinen ‚Deal‘
„(armin fischer /t&t)“:http://www.textundtext.de/kontakt
Januar 09. **“Muss Zumwinkel sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben?“** fragt BILD (24/01/09). Bei einer Haftstrafe von mehr als einem Jahr, auch auf Bewährung, sollte nämlich per Gesetz ein Entziehungsverfahren eingeleitet werden: denn Ordensträger sind zu einem ehrbaren Verhalten verpflichtet.
**Ich vermute: Nein.**
Noch ist die „Bonzenrepublik“ der Nachkriegszeit nicht ganz in der Gegenwart angekommen. Nach wie vor wird geklüngelt und geschachert was das Zeug hält — über alle Parteigrenzen hinweg. So wird sich sicher für Zumwinkel wieder ein Schlupfloch finden, oder man wird die Frage diskret übergehen.
Es ist das, was so viele Bürger des Staats verdrossen macht: dass man die Kleinen ausnimmt, und die Großen laufenlässt. In der selben BILD ein Leserbrief-Schreiber: „Es treibt mir die Zornesröte ins Gesicht, wenn ich das lese. Meine Tante (71) hat 9000 Euro Steuerschulden und kein Einkommen mehr. Sie weiß nicht wovon sie leben soll. Aber ihr wurde die eidesstattliche Versicherung unter Vorlage eines Haftbefhels abgepresst. Liebe familiäre Erinnerungsstücke wurden gepfändet und zu einem absolut lächerlichen Preis vom Finanzamt verhökert.“
Herr Zumwinkel aber geht grinsend in den Gerichtssaal und wartet auf einen „Deal“, der hinter den Kulissen bereits ausgetüftelt wurde. Damit er ja nicht allzuhart wegkommt. Und dann geht er nach Hause und lässt sich seine monatliche Pension/Versorgung/Abfindung von 90.000 Euro (!) aufs Konto rieseln.
Der Richter hätte per Gesetz die Möglichkeit, nach § 263 StGB eine Höchststrafe von fünf Jahren zu verhängen. **Es wird, wie immer in solchen Fällen, nicht geschehen.**
Ist Deutschland noch nicht vollends in der Gegenwart und der Demokratie angekommen? Die Bonzenrepublik wurde kultiviert von Leuten wie Kohl und Schröder, das Geklüngel hat lange Tradition. Lebendes Beispiel ist eine Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die seit 2001 unverändert im Amt sitzt. Gesponsert von beiden großen Parteien, eingewoben in ein enges Netz von Abhängigkeiten, Beziehungen und Gefälligkeiten. Fast nicht mehr loszuwerden scheint so ein Minister/eine Ministerin, egal was er/sie macht. (Seit 1998! ist übrigens Heidemarie Wieczorek-Zeul unverändert in ihrem Amt — fällt dort jedoch kaum auf).
**Ein radikaler Schnitt ist in Deutschland in weiter Ferne.** Auch deshalb schauen viele so sehnsüchtig nach USA. Und Evelyn Holst (ebenfalls BILD) schmachtet sogar: „Warum gibt es so einen Traumprinzen nicht auch in der Deutschen Politik?“
Was unser Land eigentlich bräuchte, wäre eine wirklich neue bürgerliche Partei in der Mitte des Landes, mit frischen Gesichtern, und mit Aufnahmestopp für alle Politik-Dinos, die Diplomatie mit Geklüngel verwechseln. Solange das nicht geschieht, bleibt Politik hierzulande „unsexy“ (Holst) und Zumwinkel und Consorten wundern sich nach Feierabend immer wieder selbst über die Dreistigkeit, mit der sie durchkommen und ungeschoren bleiben.
**Nachtrag**. Urteil am 26. Januar: Zwei Jahre auf Bewährung und eine Million Euro Geldstrafe. Deutlicher als erwartet, aber kein Gefängnis. Franz Josef Wagner schreibt tags drauf theatralisch in seinem „Brief an Zumwinkel“ in Bild: „…arm an Ehre werden Sie leben…Auf Flughäfen werden Sie Ihr Gesicht hinter Zeitungen verbergen. Es wird keine Festakte mehr für Sie geben…“ Meinen Sie wirklich, Franz Josef? Sie sind doch sonst nicht so naiv…
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